"Als Christ droht die Todesstrafe"

Ali Mostofi hat im Iran Informatik studiert und hofft jetzt auf einen Praktikumsplatz

Lengerich

WN – 12. Juni 2021 – Michael Bahr

Lienen.  „Wir hatten im Iran ein gutes Leben.“ Daraus macht Ali Mostofi keinen Hehl. Jetzt lebt er mit seiner Frau Lienen, seit gut zwei Jahren. „Auch hier fühlen wir uns wohl“, sagt er im Gespräch mit den Westfälischen Nachrichten. Auf Nachfrage rückt er damit heraus, dass seine Frau Heimweh habe. Ein leichtes Zögern bei den Worten ist nicht zu überhören. „Ja, ich habe auch Heimweh“, bekennt er auf nochmalige Nachfrage.

„Ich hoffe, dass mein Uni-Abschluss aus Teheran hier anerkannt wird.“ – Ali Mostofi

Einen Weg zurück in seine Heimat im Mittleren Osten gibt es für den 30-Jährigen nicht. Dort droht ihm die Todesstrafe. Aus einem Grund, der hierzulande kaum nachzuvollziehen ist: Ali Mostofi ist vom Islam zum Christentum konvertiert. „Im Iran ist das eine Straftat, man wird aufgehängt“, sagt er mit leiser Stimme. Dem Paar blieb nichts anderes übrig, als die Flucht zu ergreifen.

In Teheran aufgewachsen, hat Ali Mostofi dort die Schule besucht, in der Hauptstadt auch studiert. Zweieinhalb Jahre Informatik mit einem Abschluss, der in etwa dem Bachelor in Deutschland entspricht. Parallel zum Studium arbeitet er im IT-Bereich, unter anderem in Sachen Web-Design. Nach dem Uni-Abschluss ist er in einem Unternehmen als soft- und Hardware-Betreuer beschäftigt, danach bei einem Internet-Provider. Schließlich wagt der junge Mann den Schritt in die Selbstständigkeit. Dass der Austritt aus dem Islam vom Mullah-Regime im Iran als todeswürdige Straftat gesehen wird, weiß er. Doch sein Glaube ist stärker.

Am 20. Januar 2019 betritt er in Frankfurt deutschen Boden. Über Bochum und Münster kommt er im Mai mit seiner Frau nach Lienen. Über Youtube-Videos versucht das Paar, die deutsche Sprache zu erkunden. Inzwischen hat Ali Mostofi das B1-sprachzertifikat in der Tasche. Bei der Volkshochschule hat er sich bereits für den Folgekurs angemeldet. Sein Ziel ist der B2-Abschluss.

Doch ohne Unterstützung, das ist ihm klar, wird es nicht mal etwas mit der Anerkennung seines Studienabschlusses in Deutschland. „Die Chancen für eine Anerkennung scheinen nicht so schlecht zu sein“, schaltet sich Barbara Markaj ins Gespräch ein. Sie ist als Coach des Vereins Lernen fördern im Bereich Teilhabemanagement beim Kooperationsprojekt mit dem Kommunalen Integrationszentrum des Kreises in Lengerich tätig.

Ali Mostofi muss sie nicht antreiben. „Ich habe schon so viele Bewerbungen geschrieben“, erzählt ihr Klient. In vielen Fällen gab es keine Antwort, sonst nur Absagen. „Das ist schade, denn bei einer Begründung für eine Absage könnten wir an vermeintlichen Schwachstellen arbeiten“, ärgert sich die Fachfrau. Auch der Weg über die Arbeitsagentur habe noch nicht zum Ziel geführt.

„Ein Praktikum wäre sehr schön“; beschreibt der 30-Jährige den Weg, über den er sein Ziel erreichen könnte. Barbara Markaj pflichtet ihm bei. „Da erhält ein Arbeitgeber einen guten Blick auf den Kandidaten.“ Eine Vorgehensweise, die nach ihren Worten in der Vergangenheit immer wieder zum Ziel geführt habe – „und zufriedenen Gesichtern bei allen Beteiligten.

Unabhängig davon hofft der 30-Jährige auf die Zustimmung der Ausländerbehörde des Kreises Steinfurt für einen 450-Euro-Job. Den hat er sich besorgt, und würde lieber heute als morgen loslegen. Wenn dann noch die Aufenthaltserlaubnis käme, will Ali Mostofi so richtig durchstarten. Gerne als Web-Designer in einer Firma. „Vielleicht mache ich mich ja auch selbstständig“, lässt er seinen Gedanken freien Lauf.

 

„Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“

„Durchstarten in Ausbildung und Arbeit“; den Titel dieses Förderprogramms des Landesarbeitsministeriums würde Ali Mostofi gerne in die Tat umsetzen. Das Teilhabemanagement samt Coaching sind Bausteine dieser Initiative und des Projekts „Gemeinsam klappt´s“ des Landesministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration. Zielgruppe sind junge volljährige Geflüchtete mit einer Duldung oder Gestattung als Aufenthaltsstatus.

„Wir zeigen ihnen Wege in Qualifizierung, Ausbildung und Beschäftigung auf“, beschriebt Barbara Markaj, wie sie als Coach, ebenso wie ihre Kollegin Natalie Fröhlich-Primus und Teilhabemanager Thomas Middendorf, Hilfestellung gibt. Unterstützung gibt´s im Rahmen der Kooperation mit dem Kommunalen Integrationszentrum (KI) Kreis Steinfurt zudem bei Fragen zu den Themen Wohnen, Finanzen, Gesundheit und Freizeit. „Dabei achten wir auf die individuellen Bedürfnisse und Fähigkeiten“; unterstreicht sie. Die Beratung der Coaches wird in allen Kommunen im Kreis angeboten, Anlaufstellen gibt es in fünf Städten, unter anderem in Lengerich. (mba)

 

Ansprechpartnerinnen in Lengerich sind
Natalie Fröhlich-Primus und Barbara Markaj   ( 05481 / 84 707 -17,  0174 / 78 17 643,
E-Mail: froehlich.primus@lernenfoerdern.de, markaj@lernenfoerdern.de ).

│ www.kreis-steinfurt.de/ki-projekte    /   www.durchstarten.nrw