Berichterstattung in der Emsdettener Volkszeitung

Im Team fördern und fordern

Neue Spitze im Albert Heitjans-Haus setzt auf Kontinuität und neue Impulse

 

Emsdetten

-ras- EMSDETTEN. Marion Diekmann ist seit über 100 Tagen im Amt als neue Leiterin vom Albert Heitjans-Haus. Sie selbst räumte bei der offiziellen Amtsübergabe am 10. Juni ein, dass ihr Vorgänger große Fußspuren hinterlassen habe.

Willi Dierksen war über drei Jahrzehnte lang das Gesicht von „Lernen fördern“ in Emsdetten – zuerst im TIB, das später namentlich einem Förderer und Wegbegleiter gewidmet wurde: Altbürgermeister Albert Heitjans.

Seitdem hat sich viel gewandelt. Bereits in den letzten Jahren auch begleitet von Marion Diekmann, die sich als stellvertretende Leiterin mit allen Arbeitsfeldern vertraut machte. Über die neuen Herausforderungen und Aufgaben sprach mit ihr EV-Redakteur Ralf Schacke.

War es doch so etwas wie hinein ins kalte Wasser?

Nein, der Übergang war wirklich fließend. Mein Vorgänger hatte mich eingearbeitet. Ich gebe zu, dass ich anfangs doch etwas aufgeregt war, jetzt die volle Verantwortung zu tragen. Die Lage ist aber heute ganz entspannt. Es fühlt sich gut an.

Willi Dierksen war in Emsdetten zuhause, man kannte ihn, konnte mal eben Sachen absprechen, wenn man ihn in der City traf. Wo haben Sie ihren privaten Lebensmittelpunkt?

Ich wohne in Neuenkirchen, also fast neben an, und bin natürlich regelmäßig in Emsdetten unterwegs. Vielleicht ist es manchmal ganz gut, ein wenig Abstand zu haben. Aber natürlich kenne ich unsere Kooperationspartner, mit denen wir hier gut vernetzt sind. Und da läuft die Zusammenarbeit wirklich prima.

Was sind Ihre wichtigsten Schnittstellen?

Wir sind ständig im Austausch mit dem Jobcenter, mit der Agentur für Arbeit, wenn es um arbeitsmarktpolitische Projekte wie zum Beispiel eine Berufsvorbereitung geht. Auch die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt läuft in Emsdetten wirklich sehr gut, wenn es allen voran darum geht, die Schulsozialarbeit zu organisieren.

Was ist Ihnen da wichtig?

Wir haben zum Beispiel von Seiten der Stadt langfristige Verträge, was die Kontinuität bei der Arbeit gewährleistet. Das Jugendamt ist ein großer Auftraggeber. Das bringt für unsere Schulsozialarbeiter und Schulsozialarbeiterinnen einen sicheren Planungsrahmen, gewährleistet aber auch, dass es an den Schulen langfristig verlässliche Ansprechpartner für Schüler, Lehrer und Eltern gibt. Auch deshalb wird das Angebot so gut angenommen und hat sich bewährt.

Gibt es noch Schulen ohne Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter in Emsdetten?

Nein, sowohl an den Grundschulen als auch an allen weiterführenden Schulen sind es qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Lernen fördern. Da ist Emsdetten gut aufgestellt.

Wie ist das geregelt – gibt es Vertreter für diese Fachkräfte, wenn mal jemand krank wird oder ausfällt? Und wer organisiert das alles?

Die Koordination der Schulsozialarbeit an allen Emsdettener Schulen und der Michael-Ende-Schule in Steinfurt erfolgt hier im Albert Heitjans-Haus. Da bin ich gemeinsam mit Birgit Kofort verantwortlich, die ganz viel Erfahrung in diesem Bereich mitbringt.

Sie selbst ist seit über 30 Jahren als pädagogische Fachkraft bei uns vor Ort tätig, davon 8 Jahre in der Schulsozialarbeit. Aktuell betreut sie das Gymnasium, ist aber an allen Schulen bekannt und mit den Lehrerinnen und Lehrern sowie den Schulleitungen vertraut. Darüber hinaus tauschen sich unsere Fachkräfte mit den Kolleginnen und Kollegen untereinander aus und beraten sich kollegial. Sie können sich gegen seitig vertreten, wenn plötzlich jemand erkrankt.

Was ist, wenn Sie als Leiterin der Einrichtung einmal Urlaub machen?

Da hat sich nichts verändert. Als ich die Leitung von Willi Dierksen übernommen habe, ist für mich eine erfahrene Kollegin als Stellvertreterin nachgerückt. Linda Rezmer hat das Amt übernommen und hat sich in ihr neues Aufgabengebiet sehr gut eingefunden. Die macht das Leitungsteam des Lernen fördern in Emsdetten komplett.

Neues Team, neue Ziele – was haben Sie sich denn vorgenommen?

In einem ersten Schritt geht es darum, beständig und nachhaltig die gute Arbeit fortzuführen. Neue Projekte, die ergeben sich hier in der alltäglichen Arbeit, wenn die Rahmenbedingungen verändert werden oder wenn sich Herausforderungen stellen. Das ist Alltagsgeschäft, ein laufender Prozess.

Was steht bei Ihrer Arbeit im Fokus?

Es geht stets darum, Menschen mit ganz unterschiedlichen Benachteiligungen zu fördern und zu unterstützen. Das Ziel ist, ihnen Teilhabe an Arbeit und Gesellschaft zu ermöglichen.

Wie alt muss man sein, um die se Angebote wahrnehmen zu können?

Wir begleiten nahezu alle Altersstufen in vielfältigen Projekten. Den ersten Kontakt mit Lernen fördern haben Kinder und Jugendliche häufig über die Schulsozialarbeit an den Schulen, dann begleiten wir den Übergang von Schule in den Beruf. Auszubildende werden bei uns unterstützt, die Ausbildung erfolgreich abzuschließen und auch für Erwachsene gibt es eine Reihe von Projekten, um sie erfolgreich ins Arbeitsleben und in die Gesellschaft zu integrieren.

Wie groß sind die Sorgen mit Blick auf die aktuelle Wirtschaftliche Entwicklung aufgrund von Energiekrise und Ukraine-Krieg?

Was unsere Arbeitsfelder angeht, schaue ich nicht mit großer Sorge nach vorn. Wir sind ein tolles Team, haben bei Lernen fördern eine gute Struktur, es gibt junge, frische Leute, die neue Impulse einbringen, neben vielen erfahrenen Kräften. Wir stellen uns den Herausforderungen, die auf uns zukommen.

Wo sind zum Beispiel neuere Arbeitsfelder?

Es gibt ein neues Angebot für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, das Case Management. Dabei begleiten wir insbesondere Neuzugewanderte. Wir lotsen sie durch den Förderdschungel und unterstützen sie dabei, in Deutschland anzukommen.

Im letzten Jahr haben wir auch viele Projekte im Rahmen von „Aufholen nach Corona“ durchgeführt. Schülerinnen und Schüler aller Grundschulen in Emsdetten konnten nach der langen Zeit der Pandemie davon profitieren.

Dabei ging es weniger darum, den Schulstoff nachzuholen, sie konnten in den Projekten vor allem positive soziale und emotionale Erfahrungen sammeln. Einfach mal wieder, mit anderen gemeinsam, tolle Sachen machen. Es gab zum Beispiel ein Umweltprojekt, Hip-Hop-Tanzen oder eine Padlet-AG.

Was sind die Herausforderungen bei der Berufsvorbereitung, die ja hier am Standort Rheiner Straße organisiert wird – was heißt es überhaupt, junge Menschen auf den Beruf vorzubereiten?

Das ist individuell und sehr unterschiedlich, je nachdem, was erforderlich ist. Wir begleiten und bereiten vor. Da geht es nicht nur um die richtige Bewerbung. Es geht um die Stärkung von sozialen, beruflichen und persönlichen Kompetenzen. Im Vordergrund steht der Beziehungsaufbau, das Gewinnen von Vertrauen und dann kommen wir mit den Teilnehmenden ins Gespräch. Darauf können wir aufbauen. Regelmäßig aufzustehen und an der Berufsvorbereitung teilzunehmen, kann zum Beispiel ein Anfang sein, um später erfolgreich ein Praktikum zu absolvieren. Bei vielen Teilnehmenden sind im Anschluss an die Berufsvorbereitung die Prognosen für das Arbeitsleben wirklich gut.

Sie betonen, dass Sie ein gutes Team haben – wo bekommen Sie die Fachkräfte her, die Sie benötigen?

Wir sind bemüht, auch als Arbeitgeber attraktiv zu sein. Mitarbeiterfreundlichkeit wird bei uns großgeschrieben. Es wird tatsächlich schwieriger, sozialpädagogische Fachkräfte zu gewinnen. Aktuell entwickelt sich eine enge Kooperation mit den Hochschulen, wie die Saxion University in Enschede oder der Katholischen Hochschule in Münster. Wir haben Studierende im Jahrespraktikum und als Stundenkräfte im Einsatz, die nicht selten später bei uns bleiben. Fachkräfte gewinnen und halten, das funktioniert bei uns ganz gut.

Wie erfahren Sie eigentlich, ob Sie erfolgreich waren und sind bei Beratung, Qualifizierung, Vermittlung oder bei Hilfen beim Übergang von der Schule in den Beruf?

Wir sind ständig im Austausch mit den Menschen, die wir unterstützen und unterstützt haben. Deren Werdegang erleben wir hautnah mit. Aber auch bei uns im Haus wird so etwas über Kennzahlen festgehalten, die regelmäßig ermittelt werden. Dort ist abzulesen, wer erfolgreich im Arbeitsmarkt angekommen ist und mehr. Da sind wir erfolgreich. Zudem erfragen wir mithilfe von Fragebögen die Kundenzufriedenheit bei den Menschen, die bei uns waren. Wir möchten schließlich wissen, ob das auch ankommt, was wir hier anbieten.

Wie finden die jungen Leute, die auf Hilfe angewiesen sind, den Weg zu Ihnen?

Vor allem über unsere Kooperationspartner wie die Agentur für Arbeit, das Jobcenter, die Schulen oder das Jugendamt.

Nach wie vor haben wir aber auch unser Jugendcafé an der Rheiner Straße 28 als ein offenes Angebot für jungen Menschen. Hier gibt es junge Betreuer und Betreuerinnen, die Gruppenangebote und eine niedrigschwellige Jugendberatung anbieten.

Aber auch wer Tipps für eine gute Bewerbung oder Hilfestellungen zum Thema Lernen benötigt, ist herzlich willkommen.

Bericht: Ralf Schacke in der Emsdettener Volkszeitung, erschienen am 01.10.2022