Männer im Kinderland Mettingen

Bericht aus der Ibbenbürener Volkszeitung vom 25.11.2023 | Kiara Feldmann

Kinderland Mettingen

„Warum spricht man eigentlich immer von männlichen Erziehern?“, fragt sich Ann-Christin Otte. „Wir sind doch alle Erzieher, egal ob Männlein oder Weiblein“, ergänzt die Leiterin des Kinderland Mettingens einen entscheidenden Punkt zu ihrer Frage. Das sei doch irgendwie abwertend.

Das Bild, welches sich in Mettingen bietet, ist wohl eher ein seltenes. Gleich drei männliche Kollegen kümmern sich dort täglich um die 73 Kinder im Alter von sechs Monaten bis sieben Jahren. Das Thema rund um Männer und Erziehung ist der Leiterin und ihren Kollegen eine Herzensangelegenheit. Viel zu wenig Männer würden den Schritt wagen, Erzieher zu werden. Das läge nicht selten an Vorurteilen und fehlender Anerkennung. Nico Heinze (25) und Philipp Ciupka (34) sind Erzieher als Fachkraft im Kinderland. Marvin Post (24) ist dort im dritten Jahr seiner PiA-Ausbildung. In dieser ist die Praxiszeit gleichmäßig in die drei Ausbildungsjahre integriert. „Leider gibt es immer noch eine, von der Gesellschaft bestimmte, stereotypische Geschlechterverteilung, was Berufe betrifft“, meint Nico Heinze.

Seiner Meinung nach wäre der Beruf sowieso schon zu wenig anerkannt. Wenn man diesen dann noch als Mann ausübe, würde man nicht selten belächelt werden. „Du musst doch nur klatschen, singen und kuscheln, so anstrengend kann das gar nicht sein“, ist nur einer der Sprüche, die dem 25-Jährigen schon einmal untergekommen sind. Auch in seiner Ausbildung seien Nico Heinze die ein oder anderen Vorurteile begegnet.

Damals habe er noch in einer Kindertagesstätte in Niedersachsen gearbeitet. Es sei vorgekommen, dass sich ein paar Elternteile beschwert hätten, dass ein Mann ihr Kind wickele. Das habe ihn fassungslos und traurig gemacht. „Wie kann man einem leidenschaftlichen Erzieher mit so einem Generalverdacht begegnen, nur weil ich ein Mann bin“, fragt er sich. Desto glücklicher sei er aber über seine Stelle in Mettingen. Dort habe er noch nie negative Erfahrungen machen müssen. Das Verhältnis zu den Eltern sei sehr gut. Marvin Post hingegen habe bis jetzt nur positive Erfahrungen machen können. „Wenn ich jemandem erzähle, dass ich eine Ausbildung zum Erzieher mache, ist das Feedback eigentlich immer positiv“, erzählt der 24-Jährige. Er würde oft gesagt bekommen, wie toll und wichtig es wäre, dass er als Mann Erzieher wird. Dabei habe er zunächst etwas ganz anderes machen wollen. Während seines Studiums mit naturwissenschaftlichem Schwerpunkt, habe er von seiner Schwester einen Nebenjob als Alltagshelfer in einer Kita organisiert bekommen. Das habe ihm dann besser gefallen, als gedacht.

„Da saß ich dann mit meinem Talent und habe mein Studium hingeschmissen“, sagt der Auszubildende. Kinder hätten den Erwachsenen oft einiges voraus. „Das Schöne an Kindern ist, dass sie keine Rollenbilder im Kopf haben und frei von Vorurteilen sind“, meint Ann-Christin Otte. „Genau, den Kindern ist das Geschlecht komplett egal“, ergänzt Heinze. Im Kinderland Mettingen würden auch die Fachkräfte keinen Unterschied zwischen männlichen und weiblichen Erziehern machen. Sie hätten schließlich alle dasselbe gelernt. Jeder habe seine Fähigkeiten und Qualitäten, die aber nicht vom Geschlecht abhängig seien. Trotzdem sieht die Leiterin ihre männlichen Kollegen als Bereicherung an. Besonders die Jungs im angehenden Schulkinderalter würden sich gerne mal kabbeln. Mit den männlichen Kollegen würde das natürlich gut gehen und die Jungs könnten so probieren, wie weit sie gehen können.

„Wir freuen uns auf euch. Die männlichen Kollegen sind für uns eine Selbstverständlichkeit und gleichzeitig auch eine Bereicherung.“ Ann-Christin Otte, Leiterin vom Kinderland Mettingen

 

Otte erzählt, dass die drei Erzieher bei Kindern samt Eltern sehr gut ankommen. Die Väter freuten sich, über den Austausch, wenn sie ihr Kind abholen. „Alleinerziehende Mütter sind meistens auch sehr glücklich darüber, dass ihr Kind in der Kita einen gegengeschlechtlichen erziehenden Part hat“, erklärt die Leiterin des Kinderland Mettingens. Marvin Post findet es ebenfalls wichtig zu betonen, dass Kinder nicht nur zu einem Geschlecht eine erzieherische Beziehung pflegen sollten. „Unsere Gesellschaft ist doch auch mehrgeschlechtlich, warum sollte man das dann nicht auch in Kitas vermitteln“, fragt er sich. Es gebe einige Gründe, die dafür sprechen, Erzieher zu werden. Philipp Ciupka erzählt gerührt, wie schön es ist, mit anzusehen, wie die Kinder größer werden und sich entwickeln. „Wir sind eines der vielen Puzzlestücke von dem großen Puzzle Mensch gewesen“, ergänzt Marvin Post dazu. Auch Nico Heinze kann diese positiven Gefühle nur bestätigen. Man bekomme von den Kindern so viel zurück und geht einfach viel glücklicher durch das Leben. Das sei für ihn unbezahlbar.

Wenn man sich für diesen Beruf interessiere, solle man einfach mal ein Tagespraktikum oder ähnliches machen, meint der Auszubildende. So könne man kennenlernen, wie es wirklich ist. „Meine Freunde lachen sicher viel weniger, als ich mit meinem Beruf“, stellt er fest. Auch Ann-Christin Otte will mehr Männer dazu motivieren, diesen Schritt zu wagen. Interessierte dürften sich melden und hospitieren. Otte:

Im Kinderland Mettingen kümmern sind gleich drei junge Männer um die kleine Horde: Nico Heinze (v.l.), Marvin Post und Philipp Ciupka gehen in Ihrer Berufung auf uns wollen mehr Männer ermutigen, Erzieher zu werden. Foto: Kiara Feldmann